Bitcoin ist schwierig zu erklären, aber einfach zu verwenden.
Schwierig zu erklären, weil eigentlich immer, wenn man “Bitcoin” sagt, drei verschiedene Dinge gemeint sein können:
Bitcoin ist:
1. Ein weltweites Computer-Netzwerk
2. Ein Internet-Protokoll (also so etwas wie HTTP, POP/SMTP oder FTP)
3. Digitales Bargeld
Einfach zu verwenden ist Bitcoin, weil dafür eine Smartphone-App ausreicht. Wer imstande ist, eine SMS oder WhatsApp-Nachricht zu verschicken, kann auch Bitcoin benutzen.
Trotzdem stellt Bitcoin eine so fundamentale Änderung des Paradigmas “Geld” dar, dass es sich sowohl lohnt, einen Blick auf seine Geschichte zu werfen, als auch die neuesten Entwicklungen und Apps zu beobachten.
Die Erfindung von Kryptowährung entstand aus der Idee, dass es eine dezentrale Währung ohne Einfluss von Staat und Banken geben soll. Ihre Erfinder wollten digitales Cash erschaffen, das man wie einen Geldschein oder eine Münze direkt von User zu User weitergegeben kann. Internet-Bargeld, das man zum Beispiel wie eine SMS von einem Smartphone zum anderen schickt, oder wie eine E-Mail am PC, ohne dabei den Umweg über eine Kreditkartenfirma oder Bank gehen zu müssen.
An dieser Idee gearbeitet haben seit den neunziger Jahren vor allem die Mitglieder der Cypherpunk-Bewegung: Programmierer, Verschlüsselungsexperten und Bürgerrechts-Aktivisten, die viele wichtige Internettechnologien entwickelt haben: unter anderem TOR (wichtiges Anonymisierungs-Netzwerk für politisch Verfolgte in aller Welt), BitTorrent (Protokoll für peer-to-peer-Filesharing), SSL (die Verschlüsselung von Webstes im Netz) und Signal (das z.B. als Verschlüsselung bei WhatsApp dient).
Das Problem, ein fälschungssicheres Geld fürs Internet zu schaffen, das keine zentrale Stelle benötigt, erwies sich als eine der härtesten Nüsse, die Informatiker je zu knacken hatten. Gerade das Internet ermöglicht es ja, Information beliebig oft zu kopieren. Wie, fragten sich die Wissenschaftler, könnte man das sogenannte „Double Spend“-Problem lösen, also verhindern, dass jemand ein- und dieselbe digitale Währungseinheit mehrmals ausgibt?
Gelöst wurde das Problem im Jahr 2008 durch eine oder mehrere Personen unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto. Er oder sie schaffte(n) es, ein Internetprotokoll und ein Netzwerk einzurichten, das ohne zentrale Instanz auskommt und in dem gleichberechtige User ständig Konsens über den Zustand des Netzwerks und seiner Buchhaltung herstellen.
Weil es sich bei der Bitcoin-Software um ein Open-Source-Projekt handelt, gibt es mittlerweile viele andere Kryptowährungen, die auf dem Prinzip von Bitcoin beruhen. Bitcoin selbst verfügt aber über den höchsten Bekanntheitsgrad und über das Netzwerk mit der höchsten kryptographischen Rechenleistung der Welt.
Apps und Browser-Plugins
Für die Benützung von Bitcoin muss man kein Konto eröffnen und nicht um Erlaubnis fragen. Es reicht, eine simple Wallet-App auf dem Smartphone zu installieren, schon kann man Bitcoins empfangen und versenden.
Dafür gibt es Bitcoin-Adressen, die aus Buchstaben und Zahlen bestehen. Die Adressen können auch als QR-Codes dargstellt werden, damit man sie mit Hilfe einer Smartphone-Kamera einscannen kann – das dauert nur wenige Sekunden. Eine Bitcoin-Zahlung ist einfacher als eine Zahlung mit einer Bankomatkarte.
Gute Smartphone-Wallets sind zum Beispiel Mycelium, Breadwallet und GreenAddress. Für User, die ihre Bitcoins lieber auf einem Computer verwalten möchten, empfehlen sich Electrum oder das Browser-Plugin von GreenAddress.
Bei der Auswahl eines Bitcoin-Wallet ist unbedingt darauf zu achten, dass es erlaubt, selbst über die privaten Schlüssel verfügen zu können. Gute Wallet-Apps weisen darauf gleich am Anfang hin. Bei vielen Wallets erhält man eine Liste aus 12 zufällig ausgewählten Wörtern, die man aufschreiben und an mehreren Orten sicher und geheim aufbewahren kann. Wer deine privaten Schlüssel bzw. diese 12 Wörter kennt, kann deine Bitcoins versenden.
Man lagert Bitcoins deshalb niemals in einer App oder Plattform, die ihren Usern nicht erlaubt, die privaten Schlüssel selbst zu verwalten. Die Regel bei der Aufbewahrung von Bitcoins sollte immer sein: Wenn du nicht den privaten Schlüssel kontrollierst, dann sind es nicht deine Bitcoins.
Bitcoins offline aufbewahren: Paperwallets
Ein Bitcoin-Wallet ist im Grunde genommen immer die Kombination aus mathematisch zueinanderpassenden privaten Schlüsseln und öffentlichen Adressen. Aus diesem Grund ist es auch möglich, ein Bitcoin-Wallet offline zu erstellen, auszudrucken und in einem Safe aufzubewahren. Die Bitcoins, die man an dieses sogenannte „Paperwallet“ schickt, sind nicht online und daher nicht übers Netz angreifbar.
Hier ist eine Methode für die Erstellung eines Paperwallets: Die Website https://bitaddress.org aufrufen. Das Netzwerkkabel des Computers abstecken oder dessen WLAN ausschalten, sodass der Computer garantiert offline ist. Gemäß den Anweisungen auf dem Bildschirm das Paperwallet erstellen. Sobald die öffentliche Adresse und der private Schlüssel auf dem Bildschirm erscheinen, den Bildschirminhalt zwei- oder dreimal ausdrucken – es empfiehlt sich, dafür einen Drucker zu verwenden, der ebenfalls offline ist und der keine Bilder speichert (viele Bürodrucker tun das).
Nun hast du mehrere offline generierte Paperwallets für die Aufbewahrung in einem Safe oder einem geheimen (wasser- und feuerfesten) Versteck. Wichtig: Wenn man Bitcoins von einem Paperwallet ausgeben will, muss man immer den gesamten Betrag an ein „heißes“ Wallet (auf einem Smartphone oder PC) übertragen – würde man nur einen Teil vom Paperwallet abheben, kann der Rest aufgrund sogenannter „exchange addresses“ verloren gehen.
Will man Bitcoins sehr sicher aufbewahren, aber trotzdem – im Gegensatz zur Lagerung auf Paperwallets – öfters Teile davon versenden, dann eignet sich ein sogenanntes Hardware-Wallet besonders gut. Pionierarbeit in diesem Bereich hat die Firma Satoshilabs aus Prag geleistet. Sie stellt ein Gerät namens Trezor her, das via USB-Kabel an Computer oder Smartphone angeschlossen wird und mit dem man einen Seed für private Schlüssel erzeugt. Diese Schlüssel verlassen das Gerät niemals.
Selbst Computer und Android-Smartphones, die von Virusprogrammen verseucht sind, können die privaten Schlüssel nicht von der proprietären Trezor-Hardware entwenden. Außerdem verfügt das Gerät über mehrere zusätzliche Ebenen an Sicherheit wie PIN-Codes und eine beliebig große Anzahl an Passwörtern, unter denen verschiedene Kryptowährungen gespeichert werden können. Der Trezor kostet zwar ungefähr 100 Euro, ist aber sehr empfehlenswert. Andere gute Hardware-Wallets sind der Ledger Nano S und der KeepKey.
Wechselstuben
Die einfachste Methode, an Bitcoins und andere Kryptowährungen zu gelangen ist, Geld bei einem der zahlreichen Exchanges zu wechseln. Eine der populärsten europäischen Plattformen dafür ist der österreichische Exchange Bitpanda (Bitcoin, Ethereum, Dash und Litecoin). Ebenfalls sehr gut und einfach zu bedienen ist die US-Plattform Coinbase (Bitcoin, Ethereum und Litecoin). Etwas komplizierter ist Poloniex, eine Handelsplattform für Dutzende verschiedene Kryptowährungen.
Bei all diesen Handelsplattformen muss man sich aufgrund weltweit bestehender Gesetzgebung mit Namen, Adresse und Scans von Ausweisdokumenten registrieren (Know-Your-Costumer-Regelungen, Anti-Geldwäsche-Gesetze). Weltweit beliebt und auch ohne namentliche Registrierung zu benutzen ist die Website bzw. App Localbitcoins. Mit ihr kann man sehen, welche User in der Umgebung gerade Bitcoins kaufen oder verkaufen wollen und die entsprechende Person treffen. Ebenfalls ohne Registrierung an Bitcoins gelangen kann man, indem man sie von einem Bitcoin-ATM – also einem Geldautomaten – abhebt. Ein solcher Automat steht z.B. in Wien im House of Nakamoto. Eine Karte mit Standorten von Bitcoin-ATMs weltweit gibt es hier.
Das Bitcoin-Netzwerk ist aufgrund seiner äußerst starken Verschlüsselung, vor allem aber aufgrund seiner dezentralen Natur sehr robust. Es hat keinen Single-Point-of-Failure, also keine Schwachstelle, die ein Angreifer zerstören könnte, um das ganze Netzwerk auszuschalten. Seine Regeln sind transparent, der Programmcode ist offengelegt und wird laufend durch eine weltweite Gemeinschaft gepflegt. Der Wert von Bitcoin ergibt sich aus dem Nutzen eines solchen Netzwerks für die Menschheit.
Das Bitcoin-Netzwerk ist nicht von der Existenz oder Verfügbarkeit einzelner Unternehmer, Organisationen, Banken oder Staaten abhängig. Es ist zugänglich für alle Internetuser – Geld wird durch Bitcoin auf ähnliche Weise demokratisiert wie die Medienlandschaft durch Blogs, Podcasts und Youtube-Videos. Darüberhinaus stellt Bitcoin auch die erste Form von programmierbarem Geld dar. Dies ermöglicht die Automatisierung von Zahlungsvorgängen, den Versand kleinster Geldmengen (Millionstel eines Cent), den Versand sehr großer Mengen in Sekundenschnelle und sogar das „Streamen“ von Geld in Echtzeit.
In den nächsten Jahren werden wir die Entstehung einer große Menge an Plattformen und Apps erleben, anhand derer die Vorteile von Kryptogeldern gegenüber herkömmlichen Währungen immer deutlicher sichtbar werden.
Bitcoin:
http://bitcoin.org
Die Geschichte der Cypherpunks:
http://fm4.orf.at/stories/2835765
Exchanges:
http://bitpanda.com
http://coinbase.com
http://localbitcoins.com
Wallets:
https://greenaddress.it
https://breadwallet.com
https://mycelium.com
Paperwallet erzeugen:
https://bitaddress.org
Andreas Antonopoulos bei Wired Money:
https://youtu.be/_0mykANOMGQ
The Internet of Money:
http://bit.ly/2rlJqQK
Bitcoin-Shop in Wien:
http://thehouseofnakamoto.com
Bankomat, Schmankomat
http://fm4v3.orf.at/stories/1771842